Fahrt nach Auschwitz

Schülerinnen berichten über ihre Erfahrungen

Die Fahrt nach Oświęcim, Polen war unglaublich eindrucksvoll. Diese vier Tage werden uns für den Rest unseres Lebens in Erinnerung bleiben. Aber das ist auch sehr wichtig. Denn das Motto war: "Die Erinnerung an das Grauen wachhalten.“

Am ersten Tag haben wir Auschwitz 1 besucht. Dort waren die Häuser, in denen die Menschen damals leben mussten, so umgebaut worden, dass wir sie betreten konnten. Darin waren z.B. Bilder zu sehen oder auch Listen von den Namen der Menschen, die damals umgekommen sind. Wir hatten einen Tourführer, der uns viele Geschichten von einzelnen Menschen erzählt hat, aber auch, was in den einzelnen Häusern passiert ist. Am Ende hat er uns ein nachgebautes Krematorium gezeigt. Dort konnte man sich vorstellen, wie damals die Menschen unter dem Vorwand, sie sollten duschen, in einen Raum getrieben wurden, wo sie dann jedoch vergast wurden.

All diese Eindrücke und Vorstellungen waren zwar grausam, aber dennoch kann man nicht leugnen, dass es passiert ist, weswegen es wichtig ist und zur Allgemeinbildung gehört, sich darüber Gedanken zu machen.

Den zweiten Tag haben wir in Auschwitz 2 Birkenau verbracht. Dieses Lager war ein reines Vernichtungslager und deutlich größer als Auschwitz 1. Selbst von einem Aussichtsturm aus konnten wir nicht einmal das ganze Gebiet einsehen. In Auschwitz 2 Birkenau stehen meist nur noch übriggebliebene Ruinen. Manche Gebäude werden restauriert und instand gehalten, da die Stabilität nach so langer Zeit nachlässt, aber die Gebäude schließlich erhalten bleiben sollen, damit Menschen aus aller Welt dorthin kommen können, um sich ein Bild von der damaligen Brutalität und Grausamkeit zu machen.

Auch in dem Vernichtungslager führte uns der Tourführer herum, erzählte uns Lebensgeschichten einiger Personen und erklärte uns, wie grausam die Lebensbedingungen für die Gefangenen waren. Sie mussten zum Beispiel in ehemaligen Pferdeställen schlafen, die jedoch nur für 50 Pferde gedacht waren. Dennoch mussten darin meist mehr als 800 Gefangene leben.

Wenn so viele Menschen auf einem so engen Raum leben müssen, ist die Ansteckungsgefahr für Krankheiten sehr hoch. Diese haben sich also schnell verbreitet und vielen Menschen kosteten sie sogar das Leben, wenn sie nicht schon durch die harte Arbeit und die wenigen Lebensmittel gestorben waren. Das bedeutet also, dass die übrigen Menschen in diesen Baracken gesehen haben, wie ihre Mitmenschen starben und diese dann selbst nach draußen bringen mussten, damit die leblosen Körper kein Ungeziefer anlockten. Diese Vorstellung ist furchtbar. Und es gab Gefangene, die direkt nach ihrer Ankunft mit dem Zug für das Sonderkommando ausgewählt wurden. Diesen Menschen wurde angedroht, getötet zu werden, wenn sie nicht ihre Mitmenschen unter dem Vorwand, sie würden duschen sollen, in die Gaskammern brachten. Sie mussten die viel zu große Anzahl an Menschen in den kleinen Raum drängen, die Tür zuschließen und während der Vergasung das Schreien und Weinen der Menschen mit anhören, bis schließlich alles leise war. Und danach mussten sie die toten Körper in Öfen verbrennen.

Für die NS war ein Menschenleben nichts wert. Sie nötigten andere, für sie die Menschen umzubringen, die es ihrer Meinung nach nicht verdient hätten zu leben. Aber jeder Mensch hat das Recht zu Leben. Und das sollte einem niemand nehmen können.

Am dritten Tag in Polen nutzten wir die Nähe zu Krakau, eine der ältesten Städte Europas, um diese zu besichtigen, aber auch um ein Gespräch mit einer Zeitzeugin zu führen.

Lydia M. wurde als kleines Mädchen nach Auschwitz-Birkenau deportiert und erlebte dort die schlimmsten Monate ihres Lebens. Anstatt zu schweigen, entschied sie sich dafür, unserer Generation von der Schreckenszeit im Arbeitslager zu erzählen, damit die Erinnerungen daran nicht verloren gehen. Durch ihre offene Art machte sie uns nicht nur auf das aufmerksam, was sie erlebt hatte, sondern zugleich stärkte sie unser Verantwortungsbewusstsein, die Geschichte nicht aus den Augen zu verlieren. Sie machte uns deutlich, dass Freiheit, wie wir sie kennen, nicht selbstverständlich ist!

Nach dieser, mit Sicherheit für uns alle prägendsten Begegnung, ging es dann in die Altstadt Krakaus und später in ein jüdisches Restaurant, wo es neben koscherem Essen auch noch jüdische Musik gab.

Am darauffolgenden Tag hieß es wieder Koffer packen. Es folgten noch eine Stadtführung durch Oświęcim und die Besichtigung einer Kunstausstellung, in der ein Holocaustüberlebender das Erlebte mithilfe von Bildern verarbeitet hat.

Diese Begegnungsreise war für jeden eine der beeindruckendsten und prägendsten Reisen, die viele von uns je machen werden. Niemand von uns konnte sich vorstellen, wie es in Auschwitz sein würde. Vorstellen kann man sich Auschwitz auch nur, wenn man da gewesen ist. Und fest steht auch, dass wir, als letzte Generation, die noch die Chance hat, Zeitzeugen zu treffen, die Verantwortung haben, die Erinnerung an den Holocaust zu erhalten und zu verhindern, dass sich die Geschichte wiederholen kann.

Im Alltag denken wir oft zurück an die Fahrt und verspüren das Bedürfnis, mehr Menschen davon zu erzählen, was wir dort gesehen haben. Auch möchten wir Euch raten, selbst einmal dorthin zu reisen und sich das anzusehen. Denn man kann das Gefühl, dass man bekommt, wenn man dort ist und sich das selbst ansieht, nicht durch Erzählungen empfinden.

Es ist unsere Pflicht, dafür zu sorgen, dass diese Grausamkeit sich nicht wiederholt. Und deswegen müssen wir alle dafür sorgen, dass mehr Menschen wissen, worum es genau geht. Dass sie genau wissen, wie viele Menschen grausam und kaltblütig ermordet wurden und das einfach nur, weil sie nicht aussahen, wie sich bestimmte Menschen das gewünscht hätten. Niemand will, dass so etwas wieder passiert. Aber dann müssen wir auch alle etwas dafür tun und unsere Erfahrungen weitergeben und mit der Welt teilen.

Der Mensch steht für Menschlichkeit. Aber wo war die Menschlichkeit zu dieser Zeit? Und wo ist sie heute, wenn man sich die Kriegsgebiete ansieht? Wo ist die Menschlichkeit bei der Flüchtlingsdebatte zu finden und inwieweit setzen sich einzelne Parteien damit auseinander?

Pauline Böke und Alina Witte

Zurück